27. Jan. 2021 © dpa
Antimilitarismus / Frieden/Pazifismus / Menschenrechte

Böll-Stiftung auf sicherheitspolitischen Irrwegen

Das Grundrechtekomitee hat mit Bestürzung das von der Heinrich-Böll-Stiftung wesentlich mit zu verantwortende Papier „Transatlantisch? Traut Euch!“ vom 20. Januar 2021 zur Kenntnis genommen. Der von der Stiftungsvorsitzenden Ellen Ueberschär öffentlich vorgestellte Text versteht sich als Aufruf für eine „neue Übereinkunft zwischen Deutschland und Amerika“.

Die Böll-Stiftung, die sich nach eigener Darstellung als „reformpolitische Zukunftswerkstatt“ sieht und für „grüne Ideen und Projekte“ stehe, verlässt mit diesem Strategiebeitrag jeglichen Bezug zu ihren menschenrechtlich und friedenspolitisch orientierten Ursprüngen. Heinrich Böll, der 1981 im Bonner Hofgarten vor 300.000 Menschen die nukleare Aufrüstung angeprangert und 1983 mehrfach mit Aktionen Zivilen Ungehorsams gegen die Stationierung vom atomaren Mittelstreckenraketen  in der BRD protestiert hat, müsste sich im Grabe umdrehen, wenn in seinem Namen heute konventionelle und atomare Aufrüstung gefordert werden.

Im auf die NATO bezogenen Teil des Stiftungspapieres, das zusammen mit Patrick Keller von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS), zuvor Mitarbeiter des Leitungsstabes im Verteidigungsministerium, verfasst wurde, werden katastrophale sicherheitspolitische Forderungen erhoben. So solle Deutschland u.a. die konventionelle Aufrüstung erheblich verstärken, die nukleare Teilhabe langfristig beibehalten und die Modernisierung der hier stationierten US-Atombomben umsetzen. Die USA solle entlastet werden, um sich stärker militärisch im indo-pazifischen Raum betätigen zu können.

Dass die Forderungen nach nuklearer Aufrüstung ausgerechnet zwei Tage vor Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrags der UNO erhoben werden, macht das Ganze umso bitterer. Nebenbei wird kritisiert, dass die NATO im letzten Strategiepapier vergessen habe, Russland auch als Feind zu sehen („das Strategische Konzept von 2010, in dem von Russland nur als Partner und von China gar nicht die Rede ist“). Die Bundeswehr wird fernab von jedem grundgesetzlichen Auftrag (nur zur Landesverteidigung) als Mittel beschrieben, das „der Diplomatie Gewicht verleiht“.

Mit dem Wunsch, die NATO solle als „Glutkern“ der transatlantischen Partnerschaft weiterlodern, beschließt das Papier seine sicherheitspolitischen Forderungen. Wir befürchten, dass sich die Autor*innen dieses Debattenbeitrags an diesem Glutkern ordentlich verbrannt haben.