18. Mai 2025
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Eine Welt in Flammen - Wir brauchen einen Aufstand für das Leben!

Die britische Tageszeitung Guardian titelte kürzlich, die Klimakrise drohe nicht nur den Kapitalismus, sondern  die gesamte Zivilisation zu zerstören. Zitiert wurde nicht etwa eine Klimaaktivist*in, sondern Allianz-Vorstand Günther Thallinger. Eine Welt in Flammen sei nicht versicherbar, wurde Thallinger auch in deutschen Medien zitiert. 

Durch zunehmende Extremwetterereignisse seien schon heute ganze Landstriche nicht mehr versicherbar, dies werde sich mit steigenden Temperaturen massiv zuspitzen. Das könne zum wirtschaftlichen Kollaps führen, da viele Finanzmechanismen, etwa Hypotheken und Investitionsvergaben, an Versicherungen gekoppelt sind.

Der jüngste UN-Emissionsbericht bestätigt diese Warnung in drastischen Worten. Aktuell steuere die Welt auf eine Aufheizung des Planeten um 2,6 bis 3,1 Grad gegenüber dem vor­ industriellem Niveau zu. Die letzten zehn Jahre waren die wärms­ ten seit Beginn der Aufzeichnungen,  Europa erhitzt sich dabei von allen Kontinenten am Schnellsten, Deutschland etwa doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. 2024 wurde global zum ersten Mal das 1,5 °C Ziel  in einem gesamten Jahr überschritten.


FREIWILLIGE: 10 PUNKTE – STAAT: 0 PUNKTE

Dass Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Sturzfluten und Stürme zunehmen, spüren Menschen weltweit. Damit nicht jedes dieser Extremereignisse zur Katastrophe wird, sind Schutzmaßnahmen notwendig. Die Folgen bestimmen sich nicht allein durch die Kraft der Naturereignisse, sondern sind von organisatorischen Gegebenheiten abhängig, etwa von Warnketten, Krisenplänen, Bildungsmaßnahmen und lokaler Vernetzung, von Investitionen in Schutzmaßnahmen, Bausubstanz und vielem mehr. Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Jahr 2021 mit 135 Toten hätte eine frühere und klarere ­Warnung auf Landkreisebene viele Leben retten können. 

Ein Untersuchungsausschuss machte später vor allem Defizite beim Katastrophenschutz aus. Aber auch bessere Hochwasserschutzkonzepte sind nötig – unbebauter Überflutungsraum, Rückhaltebecken, Flächenentsiegelung, Einbeziehung des Hochwas­ serschutzes in die Wiederbebauung und vieles mehr. Die Katastrophe im Ahrtal weist Parallelen zu der verheerenden Flut  in der Region Valencia im südlichen Spanien auf, bei der im Oktober 2024 über 230 Menschen zu Tode kamen. 

Auch hier wurde die Katastrophe durch Starkregen ausgelöst, der innerhalb kürzester Zeit zu zerstörerischen Überschwemmungen führte. Auch hier wurde die Lokalbevölkerung erst gewarnt, als es zu spät war. Auch hier hatte der Regionalpräsident Mazón die Krisenkoordination auf die örtliche Feuerwehr abgewälzt und war über Stunden nicht erreichbar. Auch hier hat die dichte Bebauung von Hochrisikogebieten die Katastrophe verstärkt. Und auch hier fanden sich sofort viele freiwillige Helfer*innen aus allen Teilen des Landes ein. 

Politische Spannungen zwischen Regional- und Staatsregierung verzögerten Rettungsmaßnahmen und viel zu spät wurden ausreichend Katastrophenschutzressourcen mobilisiert, während schon tausende Freiwillige vor Ort unterstützten. Fazit der Bevölkerung: Freiwillige: 10 Punkte, Staat: 0 Punkte. Ihre Wut trugen Anwohner*innen ab November 2024 in mehreren Großdemonstrationen auf die Straße. Das spanische Königspaar und der Regionalpräsident Mazón wurden als „Asesinos“ (Mörder) betitelt und mit Schlamm beworfen, Mazóns Rücktritt gefordert. Doch dieser verschiebt die Aufklärung auf die Zeit nach den Aufräumarbeiten.


VERANTWORTUNGSVOLLE KLIMAPOLITIK? 

Obwohl die Verbindungen solcher Katastrophen zum Klimawandel klar sind, war schon die Klimapolitik der Ampel-Regierung den Herausforderungen des Klimawandels in keiner Weise angemessen. Doch der im  April 2024 vorgestellte Koalitionsvertrag von SPD und Union ist eine Katastrophe. Zwar wird das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 bekräftigt, allerdings stehen dem keine Maßnahmen gegenüber, die dieses Ziel erreichbar halten könnten. Im Gegenteil: Klimapolitik wird der Wirtschaftspolitik untergeordnet, Auto- und Flugverkehr werden aufgewertet und zusätzlich subventioniert. Es sollen massiv klimaschädliche und unnötige Gaskraftwerke zugebaut werden. Die energieintensive und risikoreiche CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS) soll sogar im Stromsektor genutzt werden. 

Auch außerhalb Deutschlands eingesparte Emissionen sollen künftig auf die Klimaziele anrechenbar sein, das zentrale Gesetz für die Wärmewende wieder abgeschafft werden. Entlastungsversprechen für Menschen mit geringen Einkommen bleiben maximal vage, die anstehenden Kostensteigerungen bei Strom und Benzin werden somit insbesondere arme Menschen hart treffen. Der Zugang zum Recht soll erschwert werden, u.a. durch Abschwächung des Verbandsklagerechts und von Umweltverträglichkeitsprüfungen. Die erfreulichste Nachricht ist die Beibehaltung des Deutschlandtickets, wenngleich dieses zu teuer bleibt.


DER KI-FIEBERTRAUM

Das klimapolitisch besorgniserregendste Vorhaben ist, neben der geplanten Aufrüstung, die Ausweitung von KI-Technologien, insbesondere in der staatlichen Verwaltung. Neben allen weiteren Risiken gilt KI auch als Brandbeschleuniger für die Klimakatastrophe. Die notwendigen Rechenzentren und die Herstellung der Server-Infrastruktur verbrauchen unfassbar viel Strom und Wasser. Aktuell werden weltweit Verträge verhandelt, in denen der Privatwirtschaft, darunter Industriebetriebe und Rechenzentren, beim Wasserverbrauch Vorrang vor der Bevölkerung gegeben wird – wogegen sich vielerorts Widerstand regt

Eine Entscheidung für den vermehrten Einsatz von KI ist daher eine Entscheidung gegen das Leben. Das zeigen Vorgänge in den USA in der zweiten Trump-Amtszeit, die Trump ganz nach den Wünschen seiner Tech-Bilionärs-Freunde ausrichtet. 

Musk und Co. haben den US-amerikanischen Staatsapparat gekapert, um ihre kühnsten Träume wahr werden zu lassen: Sie fahren die schon spärlichen sozialen Dienste weiter herunter, greifen sämtliche Bevölkerungsdaten ab, ersetzen Verwaltungsbeamt*innen durch Bots und heben die Regulierungen auf, die ihrem apokalyptischen Fiebertraum von Mars-Besiedlung und KI-gesteuerter Welt auch nur die geringste Begrenzung setzen könnten. 

Einher geht das mit zelebrierter Gewalt und Sadismus, was etwa die Kidnappings und Deportationen in die Folterlager nach El Salvador zeigen. Diese Spielart des Faschismus beschreiben Astra Taylor und Naomi Klein als Endzeit-Faschismus. Auch wenn Merz nicht Trump ist, sind die Anklänge an diese ­gefährlichen Ideologien in den Phrasen von Staatsmodernisierung,  KI-Nation und Digital-Only im Koalitionsvertrag unübersehbar. Es braucht einen starken, vernetzten Widerstand gegen diese Pläne, und vor allem eine verbindende Gegenerzählung, die sich auf das Hier und Jetzt bezieht – einen Aufstand für das Leben. 

Wir müssen eine  widerspenstige und offenherzige Bewegung für die ­Möglichkeit einer  lebenswerten Zukunft für alle aufbauen. Dafür braucht es keine Einigkeit in allen ­politischen Belangen – nur den Wunsch, diese Welt nicht endgültig dem Profit und den Maschinen zu opfern.

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