17. Mai 2021
Bundeswehr / Antimilitarismus / Frieden/Pazifismus / Anti-Atom

Friedenspolitik in Wahlkampfzeiten

In rund 100 Städten fanden Anfang April die Ostermärsche statt – ein beachtlicher Erfolg, dass die Teilnehmenden trotz Corona mit großer Achtsamkeit ein deutliches Zeichen für Abrüstung gesetzt und das Recht auf Versammlungsfreiheit wahrgenommen haben. Die diesjährigen Forderungen richteten sich hauptsächlich gegen Rüstungsausgaben, Atomwaffenpolitik, Drohnenaufrüstung und Rüstungsexporte. Stattdessen wurden Investitionen ins Gesundheitssystem, soziale und globale Gerechtigkeit, Klimaverantwortung und eine neue Entspannungs- und zivile Sicherheitspolitik angemahnt. Erinnert sei an dieser Stelle an die Entstehung der Ostermärsche in den 1960er Jahren, die Andreas Buro in „Geschichten aus der Friedensbewegung“ (2005) zusammengetragen hatte. Hier berichtete auch unser leider kürzlich verstorbener Freund Heiner Halberstadt darüber, wie Joan Baez 1964, eingeladen von Andreas, zum Ostermarsch nach Deutschland kam.

 

ATOMWAFFENVERBOT – OHNE DEUTSCHLAND

In den letzten INFORMATIONEN berichteten wir über das Inkrafttreten des Atomwaffenverbotsvertrages (AVV). Doch es steht schlecht um den von 80 % der Bevölkerung geforderten Beitritt Deutschlands zu diesem UN-Vertragswerk. Die SPD ergreift bislang nicht einmal die Möglichkeit, einen Antrag im Bundestag zur Teilnahme im Beobachterstatus an der ersten Vertragsstaatenkonferenz im Januar 2022 zu stellen – obwohl die stellvertretende Fraktionsvorsitzende dies zugesagt hatte. Die atomwaffenfrei-Kampagne, an der das Grundrechtekomitee beteiligt ist, hat in Offenen Briefen an Grüne und SPD noch einmal für den Beitritt zum AVV geworben. Es gilt, diese Forderung im Wahlkampf stark zu machen. Denn bislang ist in deren Wahlprogrammen hierzu nur Uneindeutiges zu finden. Appellieren Sie an Ihre Bundestagskandidat*innen vor Ort!

 

PROTEST GEGEN ATOMKRIEGSMANÖVER

Im Atomwaffenlagerort Büchel gehen im Sommer die Aktionen vor Ort – hoffentlich real – weiter (verschiedene Aktionswochen, kirchlicher Aktionstag, Prozesse; vgl. buechel-atombombenfrei). Vor der Bundestagswahl soll eine große Menschenkette am 5. September von Büchelzum Atombomben-Fliegerhorst die Forderungen nach Abzug der Atombomben unterstreichen. Im Oktober ist erneut das europaweite Atomkriegs-Manöver Steadfast Noon zu erwarten, woran Büchel und Nörvenich beteiligt sein werden. Wegen umfangreicher Umbauarbeiten in Büchel von 2022-2026 (für die neuen Atombomben B61-12) werden die meisten Tornados vorübergehend nach Nörvenich (zwischen Köln und Aachen) verlegt. Dort wird am Samstag vor Manöverbeginn, am 9. Oktober, eine größere Demonstration veranstaltet.

 

EURODROHNE UND NEUER KAMPFJET FCAS

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Haushaltsausschuss am 18. April die „Eurodrohne“ durchgewunken, ein Projekt für mindestens drei Milliarden Euro. Wegen Bedenken der SPD wurde diese vorerst ohne Bewaffnung beschlossen. Allerdings macht die Eurodrohne im Gesamtpaket europäischer Aufrüstung nur bewaffnet einen Sinn. Vor allem ist ein neues nuklearfähiges Mehrfachkampfflugzeug der „6. Generation“ geplant, dessen Prototypen 2026 bereitstehen sollen. Noch dieser Bundestag soll dieses Projekt der Rüstungsgiganten Airbus und Dassault beschließen. Laut einer französischen Senatsstudie gelte es, das FCAS (Future Combat Air System) in 2021 „irreversibel“ werden zu lassen. Dazu kommt noch ein neuer Panzer. All diese Systeme sollen über eine Kampf-Cloud vernetzt ein halb-automatisiertes Waffensystem bilden, das kostenmäßig schon jetzt auf 300 bis 500 Milliarden Euro geschätzt wird. Exporte der neuen Waffen in Krisenregionen sind vorprogrammiert, um die Gesamtkosten stemmen zu können.

 

RHEINMETALL ENTRÜSTEN!

Auch der Widerstand gegen die Rüstungsexportpolitik geht weiter. Am 11. Mai demonstrieren wir vor der Konzernzentrale von Rheinmetall in Düsseldorf gegen Waffenproduktion und Rüstungsexporte. Parallel findet eine Aktion in Unterlüß, am größten Produktions- und Testgelände von Rheinmetall statt. Die Rüstungsschmiede meldet für 2020 erneut Top-Zahlen hinsichtlich Produktion, Export und Auftragslage. Wir fordern ein striktes Rüstungsexportkontrollgesetz, das die bisherigen nicht einklagbaren Richtlinien ablösen und auch die Schlupflöcher über ausländische Tochterfirmen beseitigen muss. Die italienische Friedensbewegung hat es letztes Jahr geschafft, dass die Waffenexporte des dort angesiedelten Tochterunternehmens nach Saudi-Arabien gestoppt wurden.

 

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Autor*in: Martin Singe