Keine infame Lüge.

Die Polizeidirektion Freiburg hat nach langem Leugnen nun die gegen sie erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit einer Razzia im Freiburger Flüchtlingswohnheim Bissierstraße zu wesentlichen Teilen bestätigt.

Das Freiburger Forum aktiv gegen Ausgrenzung und das Komitee für Grundrechte und Demokratie hatten nach Gesprächen mit Betroffenen in einer gemeinsamen Presseerklärung das Vorgehen bei der Razzia kritisiert und insbesondere darauf hingewiesen, dass bei der Razzia selbst Unverdächtige dazu gezwungen worden waren, sich nackt auszuziehen und eine Ganzkörperkontrolle zu erdulden.

Die Reaktion des Polizeisprechers darauf war u.a. in der Presse (Der Sonntag im Breisgau, 28.07.2013) nachzulesen: „(...) die Behauptung (…), Heimbewohner hätten sich zur Kontrolle nackt ausziehen müssen, sei eine 'infame Lüge' “. Nach einer erneuten Entgegnung des Freiburger Forums und des Komitees für Grundrechte und Demokratie kehrt die Polizeidirektion ihre Argumentation nun in einem Antwortbrief um und rechtfertigt Ganzkörperkontrollen als angemessenes Mittel für die Suche nach Drogen „direkt am und im Körper“. Die Verknüpfung dieser Rechtfertigung mit der Feststellung, dass bei der Razzia auch tatsächlich „direkt am Körper“ getragene Drogen gefunden worden seien, kommt einem Eingeständnis der umstrittenen Methoden nahe. Strittig bleibt, ob diese nur bei verdächtigen Personen vorgenommen wurden bzw. nach welchen Kriterien im Umkreis des Wohnheims anwesende Personen als verdächtig eingestuft wurden. Hier steht abermals die Aussage der Polizei gegen die Aussagen der Flüchtlinge. Zudem ist das Schreiben der Polizei in sich widersprüchlich, insofern einerseits Ganzkörperkontrollen als legitim gerechtfertigt, andererseits die empörte Zurückweisung des Vorwurfs ebendieser Kontrollen durch den Polizeisprecher unterstützt wird.

Wir sehen uns in unserer Position bestärkt, dass von unserer Seite bzw. der Seite der von der Razzia Betroffenen nicht gelogen wurde. Wahrscheinlicher scheint hingegen eine Falschaussage des Polizeisprechers, der die Kontrollen abstritt.

Immer noch verweigert die Polizei Freiburg eine öffentliche Diskussion zu ihrem Umgang mit Flüchtlingen. Demgegenüber bestehen wir auf unserer Forderung nach einer öffentlichen Auseinandersetzung: Notwendig ist diese nicht nur durch die oben genannten fortbestehenden Ungereimtheiten. Notwendig wird sie auch durch die nun gewonnene Erkenntnis, dass polizeiliches Fehlverhalten gegenüber Flüchtlingen ohne beharrliche kritische Öffentlichkeitsarbeit zunächst einmal ignoriert und geleugnet zu werden droht.

Dabei geht es nicht nur um das Einzelereignis der Razzia. Uns beschäftigen auch weniger spektakuläre, für die Betroffenen aber gleichwohl schwerwiegende Polizeipraktiken wie z.B. die gehäuften Polizeikontrollen an den Freiburger Recyclinghöfen. Bußgelder für Vorwürfe wie „Betteln ohne Erlaubnis“ führen regelmäßig zu unverhältnismäßigen Härten für die Betroffenen.

Wir fordern die Freiburger Polizei daher auf, mit verantwortlichen Vertreter/innen an einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung über solche Praktiken sowie ihren generellen Umgang mit Flüchtlingen teilzunehmen.

 

Kontaktadresse:

Für das Freiburger Forum: Thomas Ungricht

 

Für das Grundrechtekomitee: Prof. Dr. Albert Scherr