„War starts here, let’s stop it here!“ (Krieg beginnt hier – lasst ihn uns hier beenden!) – die Forderung der anti-militaristischen Bewegung bleibt hochaktuell. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine dauert inzwischen mehr als ein Jahr an und hat nicht nur in Deutschland zu einem nie gekannten Hoch an Aufrüstung und Militärausgaben geführt.
Im ersten Kriegsjahr finanzierte die EU Militärhilfen für die Ukraine in Höhe von 3,6 Milliarden Euro. Aufgrund zur Neige gehender Munitionsreserven der Mitgliedstaaten sollen die staatlichen Aufträge an Munitionsfabriken nun europaweit gebündelt werden. Im Rahmen einer europäischen Rüstungsindustriepolitik will die EU dazu die Produktionskapazitäten der Rüstungsindustrie erhöhen.
Mitte März berichtete das Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, dass die Rüstungsimporte in Europa sich im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt haben. Die Einfuhren von Waffen seien im Vergleich zum Vorjahr um 93 Prozent angewachsen, dabei ist die Ukraine den Angaben zufolge derzeit drittgrößter Waffenimporteur der Welt.
Auch sämtliche Nachbarstaaten Russlands – von Norwegen bis zur Mongolei – bauen gerade ihre militärischen Kapazitäten aus. Finnland ist gerade der NATO beigetreten, Schweden wird bald nachziehen.
Erreichten die weltweiten Verteidigungsausgaben schon im Jahr 2021 zwei Billionen Dollar – sechsmal mehr als für die Bekämpfung der Klimakatastrophe ausgegeben wurde – wird 2023 für die globalen Militärausgaben erneut ein Rekordwert erwartet.
Der Rüstungskonzern Rheinmetall gehört schon jetzt zu den Gewinnern des Krieges. Sein Aktienkurs ist seit Beginn des Angriffskrieges um 150 Prozent gestiegen, der Konzern hat eine neue Munitionsfabrik in Unterlüß eröffnet und in Meißen soll eine Pulverfabrik errichtet werden. Eine Fabrik für den neuen „Panther“-Panzer plant Rheinmetall zudem in der Ukraine, und am Rheinmetall-Standort im ungarischen Várpalota baut der ungarische Staat ein Sprengstoffwerk. Die Anlagentechnik dazu wird von Rheinmetall Denel Munition Pty aus Südafrika geliefert werden.
Auch das Aufrüsten geht weiter: Russland kündigte an, in Belarus taktische Atomwaffen zu stationieren. Diese haben mit mehreren Hundert Kilometern
zwar eine kürzere Reichweite als strategische Atomwaffen und eine geringere Sprengkraft – allerdings trotzdem eine zehnfach höhere als die
Atombombe, mit der die USA 1945 Hiroshima zerstörten.
Die Urangranaten, die Großbritannien an die Ukraine liefern will, gelten nicht als Atomwaffen – obwohl sie in den Irak- Kriegen 1991 und 2003 verschossen wurden, wo die Strahlenbelastung heute immer noch das Zwanzigfache des Normalwertes übersteigt.
Neben „herkömmlichen“ Waffen kommen in dem Krieg in der Ukraine auch Drohnen zum Einsatz. Auf ukrainischer Seite werden die Kampfdrohnen TB2 des türkischen Herstellers Baykar genutzt, sie werden bereits seit 2017 von der Türkei auch in den kurdischen Gebieten zum Töten eingesetzt.
Russland setzt Kamikaze-Drohnen aus iranischer Produktion gegen die Ukraine ein. Drohnen spielen auf ukrainischer Seite auch im „Informationskrieg“ eine Rolle, und lieferten etwa bald nach Kriegsausbruch Propaganda-Bilder und Videos von zerstörten russischen Waffensystemen und stellten damit die ukrainische Fähigkeit zur Gegenwehr unter Beweis. Die Bedeutung von Drohnen wird in kommenden Kriegen rasant ansteigen.
Für Rüstungskonzerne spielen sie schon heute eine gewichtige Rolle und der Umsatz bei militärischen Drohnen könnte sich weltweit bis zum Ende des Jahrzehnts auf etwa 30 Milliarden Dollar verdreifachen.
Auch lang gehegte Pläne für einen auf künstlicher Intelligenz (KI) basierenden Kampfjet des sogenannten FCAS (Future Combat Air System), den Deutschland zusammen mit Frankreich und Spanien entwickelt, scheinen nun ohne Widerstand umgesetzt werden zu können. In das dreistellige Milliardenprojekt sind maßgeblich Airbus, aber auch die deutschen Rüstungskonzerne MDBA, Hensoldt AG und Diehl involviert. Für das vernetzte System aus bemannten Kampfflugzeugen und unbemannten Aufklärungsdrohnen soll Airbus für KI-gestützte Drohnenschwärme und eine „Gefechts-Cloud“ für den Datenaustausch innerhalb des Luftkampfsystems zuständig sein.
Die jüngst geleakten „Vulkan-Files“ zeigen zudem auf, wie ein Cyberkrieg für die Ukraine aussehen und auch zukünftige kriegerische Konflikte prägen könnte: Die Dokumente von 2019 enthüllen, wie ein russisches Unternehmen im Auftrag mehrerer russischer Geheimdienste an Software für den Angriff auf Infrastruktur arbeitete und parallel dazu die systematische Verbreitung von Fake-News vorbereitete.
Der Rüstungskonzern Rheinmetall veröffentlichte am 24. Februar 2023 anlässlich des Jahrestages des Kriegsbeginns Solidaritätsbekundungen mit der Ukraine. Zynischer geht es kaum: Rüstungsunternehmen machen Gewinne mit Tod und Zerstörung, und Krieg belebt ihr Geschäft.