31. Juli 2025 © ANF
Abschiebung / Demokratie / Gefangenenunterstützung / Kriminologie / Kurdische Frage / Menschenrechte / Recht auf Asyl / Rechtsstaatlichkeit / Soziale Menschenrechte / Verfassung

Mehmet Çakas darf nicht abgeschoben werden!

Zusammen mit rund zwei Dutzend Vereinen sowie drei in Deutschland tätigen politische Parteien wenden wir uns mit einem gemeinsamen Appell an die Bundesrepublik Deutschland, um uns gegen die Abschiebung des kurdischen Aktivisten Mehmet Çakas in die Türkei auszusprechen. 

Der 45-Jährige wurde im Dezember 2022 von Italien nach Deutschland überstellt und im April 2024 vom Oberlandesgericht Celle gemäß §129b des deutschen Strafgesetzbuchs wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in der kürzlich aufgelösten PKK zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.

Derzeit sitzt Çakas in der JVA Uelzen in Niedersachsen in Strafhaft, sein regulärer Entlassungstermin ist am 4. Oktober 2025. Anfang Juli hat die Generalstaatsanwaltschaft Celle allerdings auf die weitere Vollstreckung seiner Haftstrafe verzichtet und damit die Einleitung der Formalitäten zur Abschiebung in die Türkei ermöglicht – obwohl dort zwei Strafverfahren gegen ihn laufen.

Am Freitag hat das Verwaltungsgericht Lüneburg in einer Eilentscheidung entschieden, dass Çakas vorerst nicht in die Türkei abgeschoben werden darf. Damit ist die akute Gefahr einer Ausweisung aktuell gebannt, allerdings nur vorläufig. Denn Hintergrund der Entscheidung ist, dass Italien einer Abschiebung des Kurden in die Türkei bisher nicht zugestimmt hat.

 Eine Abschiebung wäre ein Verstoß gegen die Menschenrechte

Der nun von insgesamt 23 Vereinen verfasste Appell richtet sich an zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, zivilgesellschaftliche Institutionen, kirchliche Einrichtungen sowie Vertreterinnen und Vertreter der Politik – darunter Amnesty International, das DeutschlandForum Menschenrechte, kirchliche Organisationen wie die Evangelische Kirche Berlin Brandenburg und das Erzbistum Berlin, politische Parteien, das Bundesinnenministerium sowie das Innenministerium Niedersachsens.

In dem Schreiben wird eindringlich darauf hingewiesen, dass eine mögliche Abschiebung von Mehmet Çakas eine konkrete Gefahr für dessen Leben darstellen würde. Mit Blick auf Berichte des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT), der Vereinten Nationen und zahlreicher anderer internationaler Menschenrechtsorganisationen wird die Aufmerksamkeit auf Missstände in türkischen Gefängnissen gelenkt: Langzeitisolationshaft, Einschränkungen bei Kommunikation und sozialen Rechten, unzureichende medizinische Versorgung, Folter, Misshandlungen sowie Festnahmen wegen sozialer Medienbeiträge sind dokumentiert.

Die unterzeichnenden Organisationen erinnern die Bundesrepublik Deutschland an ihre völkerrechtlichen Verpflichtungen. Es bestehe eine klare Gefahr der Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie der UN-Antifolterkonvention. Die Abschiebung von Mehmet Çakas wäre mit den demokratischen Werten der Bundesrepublik nicht vereinbar.

Forderungen an die Bundesregierung

 In ihrem gemeinsamen Aufruf fordern die unterzeichnenden Organisationen die Bundesregierung zu folgenden Maßnahmen auf:

▪ Die sofortige Beendigung des Abschiebeverfahrens gegen Mehmet Çakas

▪ Die Anerkennung seines Rechts auf internationalen Schutz

▪ Die Einleitung eines unabhängigen und fairen Überprüfungsverfahrens

▪ Die Gewährung internationaler Gefängniskontrollen im Falle einer drohenden Abschiebung

▪ Die Sicherstellung seines Rechts auf Leben, seiner körperlichen Unversehrtheit und eines fairen Gerichtsverfahrens
 

„Eine Abschiebung von Mehmet Çakas wäre ein gefährlicher Präzedenzfall, der nicht nur sein Leben, sondern auch die Sicherheit aller politischen Geflüchteten in Europa bedrohen würde“, heißt es. Und weiter:

Was bedeutet der Fall Çakas?

„In einer Zeit, in der der Druck auf politische Geflüchtete in Deutschland zunimmt, ist der Fall Mehmet Çakas mehr als ein individueller Rechtsstreit. Er stellt eine Bewährungsprobe für die menschenrechtlichen Verpflichtungen Europas dar. Während das juristische Verfahren weiterhin unklar bleibt, senden Menschenrechtsorganisationen eine deutliche Botschaft an die Bundesregierung: „Mehmet Çakas abzuschieben bedeutet, die Menschenrechte abzuschieben.“

 Aufruf an die zivilgesellschaftlichen Organisationen in Deutschland

Der Appell betont: „Die geplante Abschiebung von Mehmet Çakas in die Türkei stellt eine konkrete Bedrohung nicht nur für sein Leben dar, sondern auch für die Sicherheit aller politischen Geflüchteten in Deutschland. Angesichts der bekannten, systematischen Menschenrechtsverletzungen in türkischen Gefängnissen – darunter Folter und der Entzug fairer Gerichtsverfahren – fordern wir die Bundesrepublik Deutschland auf, diese Abschiebung sofort zu stoppen.

Wir rufen alle zivilgesellschaftlichen Organisationen, Menschenrechtsverteidiger:innen und alle Menschen mit Gewissen zur Solidarität mit Mehmet Çakas auf.

Aktuelles zum Hintergrund: https://deutsch.anf-news.com/aktuelles/gefahr-der-abschiebung-von-mehmet-Cakas-vorlaufig-gebannt-47149

Unterzeichnende Organisationen:

  • Mala Kurda e.V
  • ATIF (Föderation der Arbeiter*innen aus der Türkei in Deutschland)
  • Mala Gelê Kurdistan e.V,
  • Kurdisches Zentrum e.V.
  • Nav Berlin (Freie Kurdische Gemeinde-Berlin e.V)
  • Dest Dan Hêvî Frauenrat
  • Kurdische Gemeinde zu Berlin-Brandenburg e.V.
  • Yekmal e.V.
  • DAS GRÜNE HAUS e.V.
  • DIDF-Berlin (Föderation demokratischer Arbeitervereine)
  • Dersim Kulturgemeinde Berlin e.V.
  • Bund der Arabischen Alawiten in Berlin (BAAB) e.V.
  • Huv e.V Berlin – Humanistischer Unternehmerverband
  • Erzincanlı Canlar Berlin e.V.
  • Çorum-Der Kultur- und Bildungszentrum e.V.
  • Aşnan Tiyatro Topluluğu
  • Akdag Solidaritätsverein – Akdag Köyü Dayanışma ve Destekleme Derneği e. V.
  • OMCALI Kultur- und Solidaritätsverein Berlin
  • Gaziantep Cepnileri Derneği Berlin e.V.
  • Bavul Kunst und Kultur
  • HDB (Progressive Volkseinheit der Türkei in Berlin e. V)
  • Sivaslı Canlar e.V
  • IKK e.V. Berlin
  • TİP Deutschland
  • CHP Berlin
  • DEM Deutschland-Vertretung
  • Rechtshilfefonds AZADI
  • Solinet Hannover
  • Netzwerk gegen Abschiebung Hannover
  • MLPD Hannover
  • Flüchtlingsrat Berlin
  • Flüchtlingsrat Bayern
  • KON-MED – Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland e. V.
  • Vereinigung Demokratischer Jurist:innen e.V. (VDJ)
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.

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