01. Nov. 2020 © dpa
Demokratie / Lager / Neoliberalismus/Kapitalismus / Polizeigewalt / Rechtsstaatlichkeit

Peter Grottian, ein Kämpfer bis zum Ende

Vor wenigen Tagen, am Donnerstag, 29. Oktober 2020, hat uns Peter Grottian verlassen. Peter war langjähriges Mitglied, Weggefährte und Unterstützer des Komitees für Grundrechte und Demokratie. Peter gehörte zu einer Generation linker Professor*innen, die durch ihre Lehre und ihr Wirken an der Universität einen kritischen Blick auf Herrschaftsverhältnisse vermittelten. Doch Peter ging weiter. Er versuchte, seine Student*innen dafür zu begeistern, Theorie mit Praxis zu verbinden. Immer wieder organisierte er politische Aktionen gemeinsam mit seinen Student*innen, z.B. bei Uni-Streiks oder Demobeobachtungen am 1. Mai in Berlin. Peter war solidarisch mit seinen Student*innen und interessierte sich wie kaum sonst jemand für deren soziale Lage.

Peter glaubte an Gleichheit und an die kritische Wissenschaft. Deswegen verzichtete er ab 1985 zusammen mit seinem Kollegen und Freund Wolf-Dieter Narr auf ein Drittel seines Gehalts, um am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin eine Professur mit feministischem Schwerpunkt zu ermöglichen.

Aber vor allem war Peter ein Aktivist. Er verstand sich als Teil der sozialen Bewegungen. Als solcher initiierte er Aktionen und politische Bündnisse, etwa in den 2000er Jahren zum Berliner Bankenskandal. Zuletzt engagierte er sich in Initiativen zur Enteignung großer Immobilienunternehmen und gegen den Finanzkonzern BlackRock, zu dem er noch Ende September 2020 ein öffentliches Tribunal organisierte.

Als Mitglied des Grundrechtekomitees begleitete Peter Aktionen wie die ›Entzäunung‹ der Abschiebeknasts in Worms in den 1990er Jahren. Peter Grottian plädierte für Aktionsformen, die über die Grenzen des Erlaubten hinausgingen. Er war ein starker Verfechter zivilen Ungehorsams.

Peter war oft provokativ und oft unbequem, auch für linke Gruppen und für Teile der sozialen Bewegungen. Weil er radikal kritisch und ungeduldig war. Er konnte nicht zusehen, wie die Herrschenden des Kapitals und der Politik soziale Rechte zertraten. Deswegen widmete er sich bis zu dem letzten Tag seines Lebens dem Kampf gegen die Herrschaft.

Lebe wohl, lieber Peter Grottian

 

An unseren Freund erinnern diverse Nachrufe, die wir hier verlinken bzw. unten als PDF anfügen


Zum Tode von Peter Grottian: "Ihr müsst euch verbünden, sonst ändert sich nichts" - Netzpolitik 30.10.2020

"Da müssen wir doch was machen!“ - Hajo Funke im Tagesspiegel 31.10.2020

Der Praktiker unter den Politologen - taz 30.10.2020

Der die Arbeitsagenturen schloss - Markus Mohr im Freitag 03.11.2020

Unruhestifter und Extremist - Peter Grohmann für die Kontext Wochenzeitung 04.11.2020

Immer in Bewegung - Junge Welt 04.11.2020