Qualitativer Umbruch im Gesundheitswesen – und kein Protest?

Buchveröffentlichung: Digitalisierte Patienten – verkaufte Krankheiten

Elektronische Gesundheitskarte und die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens

Über die Krankenversicherungsbeiträge, über Kopfpauschalen und den Anstieg der Kosten für Arzneimittel wird zu recht öffentlich gestritten. Aber zugleich wird das deutsche Gesundheitswesen digitalisiert und ökonomisiert – weitgehend ohne öffentliche Debatte. Ein wichtiges Instrument in diesem schleichenden Prozess ist die elektronische Gesundheitskarte.

Die neue Veröffentlichung des Komitee für Grundrechte und Demokratie informiert über diese Entwicklungen und begründet damit Protest und Widerstand.

Die Aufsätze spannen einen weiten Bogen

•    von der Zunahme bürokratischer Kontrollen gegenüber Ärzten

•    zur Zunahme der Hilflosigkeit von Patienten im Krankenhausbetrieb,

•    zur Nutzbarmachung von Prävention und Forschung gegen die Patienteninteressen,

•    zum Nachteil der informationellen Selbstbestimmung im Verhältnis zu Bürokratie und Lobbyinteressen

•    zu den ökonomischen und bürokratischen Interessen, die sich mehr und mehr im Gesundheitswesen durchsetzen

•    und zu den Gefährdungen für die Selbstbestimmung der gesetzlich Krankenversicherten.

Das Buch ist hochaktuell: Die „kleine schlaue Karte“, die es bereits seit Januar 2006 geben sollte,  soll nun ab Oktober 2011 eingeführt werden. Nachdem viele Ärzte sich dem Projekt verweigerten und schließlich auch die gesetzlichen Krankenkassen, aus deren Beiträgen das Kartenprojekt finanziert wird, das Interesse daran zu verlieren begannen, setzen Bundesregierung und schwarzgelbe Koalition auf Zwang: Falls eine Kasse es nicht schafft, bis Ende 2011 10% ihrer Versicherten mit der Karte auszustatten, werden ihr in 2012 2% der ihr zustehenden Mittel zur Deckung ihrer Verwaltungskosten gestrichen. Die Folge wird sein, dass die Kassen Druck auf Ärzte und Versicherte ausüben werden.

So kündigen die Krankenkassen erneut an, dass sie nun die Fotos der Versicherten verlangen wollen, „bevorzugt bei denen, die bereits im Vorfeld Interesse gezeigt haben“, wie der Sprecher der AOK Schleswig-Holstein informiert. Allein in Schleswig-Holstein sollen in den nächsten Wochen eine halbe Million gesetzlich Versicherte Post von ihren Krankenkassen bekommen. Die alten Karten werden aber noch einige Zeit ihre Gültigkeit behalten.

Diese neue Karte, für die damit geworben wurde, dass sie die medizinische Behandlung verbessere und die Autonomie der Patienten stärke, hat sich längst als Instrument elektronischen Regierens entpuppt, d.h. der Kontrolle über Ärzte und Patienten mittels Datenverarbeitung. Das Buch liefert Hintergrundwissen und beschreibt Erfahrungen aus dem Umbau des Gesundheitssystems.

gez.: Wolfgang Linder, Elke Steven (Komitee für Grundrechte und Demokratie)

 

In der Anlage finden Sie zur weiteren Information die Gliederung des Buchs und das Vorwort der Arbeitsgruppe Gesundheit des Komitee für Grundrechte und Demokratie.

 

Komitee für Grundrechte und Demokratie:

Digitalisierte Patienten - Verkaufte Krankheiten

Elektronische Gesundheitskarte und die Kommerzialisierung

des Gesundheitswesens;

192 Seiten, 12,- Euro

ISBN 978-3-88906-136-2

 

http://www.grundrechtekomitee.de/node/388