22. März 2007
Demonstrationsbeobachtung / Versammlungsrecht

Versammlungs- und Meinungsfreiheit bleiben Grundrechte auch angesichts des G8-Gipfels

Zu den Demonstrationsbeobachtungen des Komitees Anfang Juni 2007 rund um Rostock und Heiligendamm

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie beobachtet die Entwicklungen angesichts des im Juni 2007 anstehenden Treffens der Vertreter und wenigen Vertreterinnen der acht reichen und mächtigen Staaten dieser Welt mit Sorge. Bereits im Juni 2006 wurde das Sicherheits- und Ordnungsgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern novelliert, um präventive Eingriffsbefugnisse für die Polizei auszuweiten. Zur Abwehr und Einschüchterung von Demonstrierenden ist es geeignet, nicht zum Schutz der Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit. "Versammlungen unter freiem Himmel", wie es in Art. 8 GG heißt, sind jedoch ein hohes demokratisches Gut, das insbesondere in repräsentativen Demokratien geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren" (Brokdorf-Beschluss des BverfG).

Bundeskriminalamt und Verfassungsschutz an erster Stelle haben längst begonnen, vor dem Protest zu warnen, ihn insgesamt zu kriminalisieren und somit von der Wahrnehmung der Grundrechte abzuschrecken. Der um Heiligendamm errichtete Zaun, der diesen Ort zur demokratiefreien Zone macht, ist der erste Skandal. Eine Allgemeinverfügung, die weitere Räume von den Grundrechten ausnehmen soll, ist ebenso zu befürchten wie extensive Vorkontrollen, Aufenthaltsverbote, Einreiseverbote ... Im Januar 2007 sind in München bereits - rechtswidrig, wie das Landgericht München nachträglich feststellte - Wohnungen polizeilich durchsucht worden. Heute schon muss jeder, der in die Umgebung von Heiligendamm kommt, mit Personalienfeststellungen und Befragungen über seine Gründe, sich frei in dieser Republik zu bewegen, rechnen.

Versammlungen müssen an den Orten stattfinden können, an denen sie die von ihnen gewünschte Öffentlichkeit erreichen können. Eine Politik, die dafür sorgt, dass Versammlungen polizeilich eingehegt und an den gewünschten Orten verboten werden, die die Schaffung der organisatorischen Voraussetzungen - wie z.B. Camps - behindert und diejenigen, die den Protest tragen, kriminalisiert, gar polizeilich oder verfassungsschützerisch überwacht, die also strukturell gewaltförmig auf den bevorstehenden Protest reagiert, schadet der Demokratie.

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie wird mit vielen Beobachtern und Beobachterinnen Anfang Juni 2007 die Proteste rund um Heiligendamm und Rostock beobachten und darüber berichten. Dies ist auch gegenüber Polizei und Innenministerium angekündigt.

In den INFORMATIONEN 2/2007 (siehe Infobriefe) wird ausführlicher über die geplanten Demonstrationsbeobachtungen berichtet.