15. Mai 2008
Datenschutz

8.500 Unterschriften gegen die elektronische Gesundheitskarte

Übergabe von 8.500 Unterschriften gegen die elektronische Gesundheitskarte an Bundesministerium für Gesundheit - Erlätuterung der Kritik an der eGK

Berlin - Die Ärzteorganisation IPPNW und die Bürgerrechtsorganisation Komitee für Grundrechte und Demokratie übergeben einem Vertreter aus dem Bundesministerium für Gesundheit heute mittag 8.500 Protestunterschriften.

Matthias Jochheim (Vorstandsmitglied der Ärzteorganisation IPPNW), Wolf-Dieter Narr (Komitee für Grundrechte und Demokratie) und Wolfgang Linder (ehemaliger Referent für Gesundheits- und Sozialdatenschutz beim Landesbeauftragten für den Datenschutz, Bremen) erläutern, warum der Protest gegen die elektronische Gesundheitskarte (eGK) notwendig ist.

Die Einführung der Chipkarte verletze das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Patienten und Patientinnen und werde einen weiteren Baustein im Übergang vom Sozialstaat zum Kontrollstaat bilden. Das Arzt-Patienten-Verhältnis werde durch den Aufbau einer zentralen Gesundheitstelematikinfrastruktur schwer beschädigt, denn die ärztliche Schweigepflicht sei in gravierender Weise bedroht. Mit der Ausgabe der neuen eGK würden zunächst die KassenpatientInnen schleichend auf die „schöne neue Welt" der zentralen Datenspeicherung eingestimmt. Allmählich würde auf diesem Weg die Überwachung sowohl der Behandlungsmethoden der Ärzte als auch der Lebensführung der Patienten ermöglicht. Die Erfahrung zeige, dass Gesetze, die im Einführungsstadium noch die Freiwilligkeit garantieren, veränderbar sind sobald neue Überwachungsbedürfnisse geweckt sind. Für die Einführung ohne „Sicherheitsarchitektur" wählte Matthias Jochheim einen bildlichen Vergleich: „Das Flugzeug wird bestellt, Flugtickets verkauft, obwohl die Landebahn noch nicht mal entworfen ist, und deren Betriebssicherheit in den Sternen steht." Der ehemalige Datenschützer Wolfgang Linder betonte, dass es Alternativen zur zentralistischen Gesundheitstelematikinfrastruktur gebe. Bliebe es bei dem jetzt eingeschlagenen Weg, gewöhnten sich Ärzte und Patienten daran, „dass sie für ihr Verhalten, sei es Behandlung oder Lebensführung, gegenüber einer dritten, anonymen Instanz (...) verantwortlich sind".

Die Vertreter des Komitee für Grundrechte und Demokratie rieten den krankenversicherten Bürgern und Bürgerinnen am Aufbau dieser Überwachungsmöglichkeiten nicht mitzuarbeiten. Geprüft werden solle, ob sie sich weigern könnten, die Passfotos für die neuen Chipkarten abzugeben, die den Zugang zum zentralen Netz erst ermöglichten.

 

Folgende Statements liegen in der Rubrik Artikel:

Wolfgang Linder: Acht kritische Anmerkungen zur elektronischen Gesundheitskarte aus Sicht (nicht nur) des Datenschutzes

Matthias Jochheim: Die "elektronische Gesundheitskarte" - ein unseriöses Milliardenprojekt

Sagen Sie es weiter!