Der Bespitzelung muss ein Ende gesetzt werden!

Nur dem Zufall ist es zu verdanken, dass Leute aus Hamburgs sozialen Bewegungen einen Verdeckten Ermittler der Polizei enttarnen konnten. Der etwa 25-jährige Kristian K. war seit dem Sommer 2003 in Hamburgs linker Szene eingeschleust. Er nahm dabei nicht nur an Demonstrationen teil, sondern auch an Sitzungen, bei denen Demonstrationen vorbereitet wurden, schob Kneipendienste im libertären Zentrum und beteiligte sich an den verschiedensten – in der Regel offenen – Plenen und Foren. Zuletzt suchte er wohl Anschluss an eine Attac-Arbeitsgruppe sowie an den AStA der Universität. Kommentare auf dem Internet-Mediendienst indymedia belegen, dass der Bekanntenkreis des Polizeispitzels nach einem Jahr reichlich breit war.

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie hält diese Bespitzelung für einen Skandal, allerdings einen, der in mehrerer Hinsicht erwartbar war. Denn:

1. hat der Hamburger Senat seit der Räumung der Wagenburg „Bambule“ im November 2002 einen strikten Konfrontationskurs gegen politische und soziale Proteste gefahren. Auch nach dem Ende der Ära Schill in der Innenbehörde hat die Landesregierung hier keine Wende vollzogen.

2. ist der nun bekannt gewordene Hamburger Fall nicht der erste, bei dem ein Verdeckter Ermittler in – legale – politische Gruppen eingeschleust wurde. Ähnliche Fälle aus den 90er Jahren wurden auch in Baden-Württemberg und in Niedersachsen ruchbar.

3. ist aus dem schweren Geschütz der verdeckten Ermittlung längstens ein Mittel der leichten Hand geworden, das nicht nur vom Verfassungsschutz, sondern auch von seinen quasi-geheimdienstlichen Brüdern bei der Polizei bei allen möglichen Gelegenheiten eingesetzt wird.

Dennoch ist davon auszugehen, dass die Hamburger Polizei im vorliegenden Falle selbst die wachsweichen Einsatzvoraussetzungen für verdeckte Ermittler im Polizeirecht des Landes verletzt hat. Der Einsatz eines VE ist hier wie in den meisten Bundesländern zur „vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung“ vorgesehen. Das Komitee für Grundrechte und Demokratie kann beim besten Willen nicht feststellen, welche erheblichen Straftaten hier verdeckt und vorbeugend verhindert werden sollten.

Das Komitee fordert von Polizei und Landesregierung, sofort öffentlich Klarheit über diesen Einsatz zu schaffen und den betroffenen Zielpersonen umgehend Einsicht in die zu ihrer Person gesammelten Daten und Berichte zu geben. Der Fall des Polizeispitzels Kristian K. sollte der Öffentlichkeit Anlass sein, dem ausufernden geheimen Komplex in der Polizei zu Leibe zu rücken.

Dr. Heiner Busch (Vorstandsmitglied im Komitee für Grundrechte und Demokratie)

Dr. Elke Steven

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