13. Nov. 2001

Pressemitteilung: Die Politik hat rundum versagt

Erstes Resümee aus den Demonstrationsbeobachtungen während des Castor-Transportes in das Zwischenlager in Gorleben: Bürger und Bürgerinnen haben gezeigt, daß sie ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit trotz aller Abschreckung wahrnehmen Nach den Demonstrationsbeobachtungen des Komitees für Grundrechte und Demokratie anläßlich des Castor-Transportes in das Zwischenlager in Gorleben läßt sich aufgrund einer vorläufigen und bruchstückhaften Zusammenfassung der Eindrücke feststellen:

* Eindeutig versagt hat eine Politik, die statt auf Konfliktlösung auf Kriminalisierung und Einschränkungaller Grundrechte der Bürger und Bürgerinnen setzt. Bürger und Bürgerinnen haben sich jedoch weder einschüchtern noch provozieren lassen und sich in diesen Tagen vor und während des Castortransportes gewaltfrei ihr Recht auf Versammlungsfreiheit genommen.

* Noch weiter über das schon demokratisch-rechtsstaatlich illegitime Demonstrationsverbot per Allgemeinverfügung hinaus, wurden Versammlungen und Camps kurzfristig verboten. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) wurde damit ausgehebelt.

* Durch die kurzfristig ausgesprochenen Verbote von langfristig angemeldeten Versammlungen und Camps wurde der Rechtsweg faktisch ausgeschlossen.

* Die Polizei akzeptiert teilweise Versammlungen und räumte meist verhältnismäßig.

* Zur Abschreckung vor den verbotenen Versammlungsorten wurden menschenrechtswidrig Tiere gegen Menschen eingesetzt. Mit Pferden wurde auf sitzende Menschen zugeritten. Vor allem ist der gezielte Einsatz von Hunden ohne Maulkorb, das Aufhetzen von Hunden gegen Menschen völlig unverhältnismäßig. Etliche Bißwunden mußten behandelt werden.

* Zur Abschreckung vor Versammlungen und zur Einschüchterung wurden in noch unvorstellbarem Ausmaß rechtswidrige Aufenthaltsverbote ausgesprochen. Formulare für solche Aufenthaltsverbote in Regionen des Wendlandes waren schematisch vorbereitet worden. Sie dienten zu pauschalen Verdächtigungen und dem rechtlich haltlosen Aussprechen von Betretungsverboten. Damit wurden vor allem vor jedem Verdacht vorbeugend Daten gesammelt und weitere polizeiliche Eingriffsmöglichkeiten geschaffen.

* Der Umgang mit den Hunderten von willkürlich in Gewahrsam Genommenen widerspricht einem demokratischen Rechtsstaat. Stundenlang saßen die Festgenommenen trotz Kälte in Bussen. Eine sofortige rechtliche Überprüfung war überhaupt nicht möglich. Die rechtliche Vertretung durch RechtsanwältInnen wurde durch die bürokratische und unzureichende Aufnahme der Daten be- wenn nicht verhindert. Auch zwei Demonstrationsbeobachter erfuhren über viele Stunden diese Behandlung.

* Unseren Respekt und unsere größte Hochachtung haben die Bürger und Bürgerinnen, die erneut und immer wieder ihren Protestzum Ausdruck gebracht haben. Keinerlei Gewalt ging von ihnen aus. Über Stunden und Tage gingen sie immer wieder auf die Straße, harrten in Kälte und Regen aus und brachen zum Ausdruck, daß alle Staatsgewalt ihren Protest nicht unterdrückenkann.

Dr. Volker Böge (Vorstand des Komitees), Dr. Elke Steven

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