20. Apr. 2018
Abschiebung / Polizei

Pressemitteilung: Appell an die Bundespolizei, sich nicht an Abschiebeflügen zu beteiligen

Anlässlich des angekündigten nächsten Abschiebefluges nach Afghanistan am Dienstag, 24. April wenden sich Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsräte mit einem Appell an die Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei, sich nicht an derartigen Abschiebeflügen zu beteiligen. Laut aktueller Medienberichte sind immer weniger Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei bereit, Abschiebeflüge zu begleiten.

"Wir halten die Entscheidung all derjenigen für richtig, die sich zu diesem Schritt entschließen und nicht daran teilnehmen, Menschen gegen ihren Willen aus Deutschland fortzuschaffen, allzu oft sogar unter Androhung und Anwendung physischen Zwangs", begründet Britta Rabe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie den Schritt, "besonders die Abschiebungen in das Kriegsgebiet Afghanistan sind aufgrund der dortigen Gefahrenlage durch nichts zu rechtfertigen. Sie sind menschenrechtswidrig. Wer kann es vor sich selbst verantworten, Menschen dorthin auszuliefern – selbst wenn sie eines Vergehens beschuldigt werden?"

Die Teilnahme an Abschiebungen als "Personenbegleiter Luft" ist für Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei freiwillig. Sie können demnach frei entscheiden, ob sie sich für derartige Aufgaben zur Verfügung stellen.

Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.

Flüchtlingsrat Hamburg e.V.

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.

Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.

Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.

Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V.

Der Appell im Wortlaut:

Appell an die Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei:

Beteiligen Sie sich nicht an Abschiebungen!

Laut mehrerer Medienberichte der vergangenen Monate sind immer weniger Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei bereit, Abschiebeflüge zu begleiten und durchzuführen. Wir halten die Entscheidung all derjenigen für richtig, die sich zu diesem Schritt entschließen und sich nicht daran beteiligen, Menschen gegen ihren Willen aus Deutschland fortzuschaffen, allzuoft sogar unter Androhung und Anwendung physischen Zwangs.

Seit längerem stehen besonders die Deportationen (der international gebräuchliche Begriff) in das Kriegsgebiet Afghanistan aufgrund der dortigen Gefahrenlage stark in der öffentlichen Kritik. Wer kann es vor sich selbst verantworten, Menschen dorthin auszuliefern – selbst wenn sie eines Vergehens beschuldigt werden?

Doch nicht nur Abschiebungen in offensichtliche Kriegsgebiete, sondern jegliche Abschiebung, sei es in den Balkan, nach Pakistan oder in afrikanische Staaten, hat für die betroffenen Menschen stets massive Folgen: Sie werden gezwungen, in ein Land zurückzukehren, das sie oftmals unter größter Lebensgefahr verlassen haben, weil sie dort aus verschiedenen Gründen keine Perspektive für ein Überleben mehr sehen: Sie fliehen aus Armut und Not, vor Gewalt und Verfolgung, sie verlassen kriegerisch und klimatisch verwüstete Regionen, die Zerstörungszonen neoliberaler Globalisierung auf der Suche nach Sicherheit und Perspektive für sich und ihre Familien.

Zwei Beispiele aus den vergangenen Monaten:

Im Februar 2018 wurde in Hessen ein 12-jähriger Junge allein nach Mazedonien abgeschoben und von seiner sorgeberechtigten Großmutter getrennt. In Mazedonien fehlt ihm jegliche, einem jungen Menschen angemessene und notwendige Unterstützung. Doch nicht immer sind voreilige, vom behördlichen Abschiebungseifer getriebene Entscheidungen so offensichtlich rechtswidrig wie in dem genannten Fall.

Ein afghanischer Mann musste erst auf Gerichtsbeschluss aus Kabul zurückgeholt werden, wohin er im Oktober 2017 rechtswidrig abgeschoben worden war: Das BAMF hatte einen laufenden Eilantrag gegen die Abschiebung ignoriert und so leichtfertig mit dem Leben eines Menschen gespielt.

Durch Abschiebungen werden Menschen vielfach aus einem Leben gerissen, das sie sich oft über lange Jahre in Deutschland neu aufgebaut haben, selbst engste Verwandtschaftsbeziehungen werden dadurch getrennt. Regelmäßig werden Menschen widerrechtlich abgeschoben. Von Abschiebung bedrohte Menschen leben in höchster Angst und geraten in existenzielle Not und Verzweiflung, denn ihre Lebensperspektiven und Hoffnungen werden zerstört. Oft verletzen sie sich selbst oder versuchen, sich das Leben zu nehmen. So zeitigt die deutsche Flüchtlingspolitik nicht selten tödliche Folgen, die Zahl der Selbsttötungen ist bundesweit aktuell steigend.

Deshalb appellieren wir eindringlich an Sie:

Seien Sie nicht willige Vollstrecker einer gnadenlosen Abschiebemaschinerie! Als Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei wird von Ihnen erwartet, die Konsequenzen einer menschenrechtlich verfehlten und repressiven Asylpolitik umzusetzen. Die Teilnahme an Abschiebungen als "Personenbegleiter Luft" ist für Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei freiwillig. Jeder und jede kann demnach frei entscheiden, ob er oder sie sich für diese menschlich bittere und belastende Aufgabe zur Verfügung stellt.

Sagen Sie es weiter!