Versammlungsfreiheit - ausschlaggebende Grundlage der Verfassung

Die "Untersuchungskommission 19. Februar" hat heute in Berlin die Ergebnisse ihrer Recherchen zum sächsischen Umgang mit den Demonstrationen und Gegendemonstrationen im Februar 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt. Die

Verfasser hoben zusammenfassend hervor:

Der Bericht der Untersuchungskommission befindet sich im Anhang.

Im Anhang befindet sich ebenfalls eine Pressedokumentation.

  • Entgegen den polizeilichen und regierungspolitisch geschürten Darstellungen war Dresden im Februar 2011 nicht von Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten aus den Gegendemonstrationen gekennzeichnet. Im Gegenteil: Dresden zeichnete sich dadurch aus, dass Zehntausende Bürger und Bürgerinnen ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit "gewaltfrei und ohne Waffen" in ihre Hände nahmen. Sie waren auf der Straße, um gegen die braunen, nationalistischen und rassistischen Bestrebungen ein deutliches Zeichen zu setzen.
  • Das Trennungskonzept der Polizei, das den Gegendemonstrierenden von vorneherein und systematisch ihr Recht auf Versammlungsfreiheit verweigerte, erzeugte fast zwangsläufig Konfrontationen. Nicht die Versammlungsbehörde, sondern die Bürger und Bürgerinnen müssen entscheiden können, wo und wann sie demonstrieren. Die Aufgabe der Polizei muss es sein, dies absichernd zu unterstützen. Auch Sitzblockaden stehen unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit.
  • Überwachungen und Datenerfassungen im Kontext dieser Demonstrationen überschreiten jedes demokratisch erträgliche Maß. Mit Verfahren nach § 129 StGB (Kriminelle Vereinigung) wurden Bürger und Bürgerinnen, die die Proteste vorbereiteten, schon im Vorhinein kriminalisiert. Die willkürliche Verdachtskonstruktion eröffnet der Polizei vor allem Eingriffs- und Überwachungsrechte. Interessierte und engagierte Bürger muss solches Vorgehen davor abschrecken, sich politisch zu beteiligen. Auch mit der Kriminalisierung der Beteiligten nach Versammlungsgesetz und nach § 125 StGB (schwerem Landfriedensbruch) soll vor allem von politischer Teilhabe abgeschreckt werden. Das aber gefährdet die Demokratie in ihren Fundamenten. Mit der Funkzellenabfrage, die einmal zur Abwehr terroristischer Angriffe gedacht war, ist jedes rechtsstaatliche Maß überschritten worden.

Rechtsanwalt Peer Stolle vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein gab zu bedenken: "Der Bericht ist erst der Anfang einer langwierigen und umfangreichen Aufarbeitung."

Ringo Bischoff, Bundesjugendsekretär der ver.di jugend erklärte: "Der Umgang der sächsischen Behörden mit dem Versammlungsrecht sowie die Kriminalisierung von zivilgesellschaftlichem Engagement zeugt von einem vordemokratischen Zustand in diesem Bundesland."

Prof. Dr. Wolf-Dieter Narr vom Komitee für Grundrechte und Demokratie betonte abschließend: "Eine der vornehmsten demokratischen Praktiken besteht im demonstrativen Handeln. Wer dieses gefährdet - wie es die sächsische Regierung und "ihre" Polizei getan haben - gefährdet  eine der ausschlaggebenden Grundlagen der Verfassung."

 

Der "Untersuchungskommission 19. Februar" gehören an:

Friedemann Bringt (Koordinator BAG Kirche & Rechtsextremismus), Sabine

Friedel (SPD, MdL Sach-sen), Corinna Genschel (Komitee für Grundrechte und

Demokratie), Kerstin Harzendorf (Beraterin für Rechtspolitik der grünen

Landtagsfraktion), Kampagne Sachsens Demokratie, Kerstin Köditz (Die Linke,

MdL Sachsen), Katharina König (JG-Soligruppe, Die Linke, MdL Thüringen),

Stefan Lange (Büroleiter Bundesvorstand Bündnis 90/DIE Grünen bei Astrid

Rothe-Beinlich), Johannes Lichdi (Bündnis 90/Die Grünen, MdL Sachsen),

Albrecht Maurer (BT Linke), Wolf-Dieter Narr (Komitee für Grundrechte und

Demokratie), Thomas Ott (Aktionsnetz Jena, Legalteam, Rechtsanwalt), Kristin

Pietrzyk (Rechtsanwältin, Jena, Republikanischer Anwältinnen- und

Anwälteverein), Michael Plöse (akj-berlin), Wolfhard Pröhl (Bündnis

Dresden-Nazifrei), Martina Renner (Die Linke, MdL Thüringen), Astrid

Rothe-Beinlich (Bündnis 90/Die Grünen, Bundesvorstand, MdL Thüringen und

Vize-Präsidentin des Thüringer Landtags), Christine Schickert (Bündnis

90/Die Grünen, Dresden), Elke Steven (Komitee für Grundrechte und

Demokratie), Danilo Starosta (Kulturbüro Sachsen e.V.), Peer Stolle

(Rechtsanwalt, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein)

 

 

 

 

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